Pflichtteilsverzicht: So schließen Sie Angehörige vom Erbe aus

Recht & Rechtsschutz

Pflichtteilsverzicht: So schließen Sie Angehörige vom Erbe aus

In der Regel ist es so: Alt vererbt an jung. Doch nicht immer ist das so einfach. Foto: Silvia Marks/dpa-mag

29.11.2022

Wer etwas zu vererben hat, macht sich meist Gedanken darüber, wie der Nachlass verteilt werden soll. Und manchmal fällt die Entscheidung, den einen oder die andere leer ausgehen zu lassen. So Ausgeschlossene bekämen dann eventuell nicht einmal mehr ihren Pflichtteil am Erbe. Ist so ein Komplettausschluss überhaupt möglich und sinnvoll? Und wenn ja, wie funktioniert er? Möglichkeiten und Grenzen, Angehörige vom Erbe auszuschließen.

„Maxi erbt nichts." Stehen solche Sätze im Testament, können nahe Angehörige wie Ehepartner und Kinder beim Erbe leer ausgehen. Die so Ausgebooteten haben trotzdem Anspruch auf den Pflichtteil (§ 2303 BGB). „Er ist die verfassungsrechtlich garantierte Mindestteilhabe am Nachlass", sagt Rechtsanwältin Julia Roglmeier aus München. Angehörigen diese Teilhabe ganz oder teilweise zu verwehren, ist ein kompliziertes Unterfangen.

Pflichtteilsvertrag als Lösung für Patchwork-Familien

Als einen sichereren, gängigeren Weg, Erben auszuschließen, sehen Anwältin und Notar den Pflichtteilsverzicht. Dieser wird in einem Vertrag geregelt, der beim Notar zu beurkunden ist. Das schreibt das Bürgerliche Gesetzbuch vor (§ 2348 BGB). Der Vertrag erfordert Einvernehmen. Im Unterschied zu den anderen Möglichkeiten müssen Pflichtteilsberechtigte deshalb über die Absicht, sie außen vor zu lassen, informiert werden und einverstanden sein.

Sinnvoll kann der Verzichtsvertrag unter anderem in Patchwork-Familien sein oder wenn beispielsweise Kinder zu Lebzeiten eines Erblassers abgefunden werden sollen, um andere Kinder oder Partner vor deren Erbansprüchen zu schützen. Unter anderem in solchen Konstellationen ließen sich danach Regelungen in Testamenten oder Erbverträgen vereinfachen. „Es werden zu Lebzeiten klare Verhältnisse geschaffen", sagt die Anwältin.

Abfindung dient als Anreiz zur Unterschrift unter den Vertrag

In der Regel wird jedoch kaum jemand freiwillig auf ein Erbe verzichten wollen. Deshalb ist es übliche Praxis, eine finanzielle Abfindung anzubieten. Die Summe ist Verhandlungssache. Geboten wird nach der Erfahrung von Notar Kössinger in der Regel weniger als Verzichtenden nach aktueller Vermögenslage des künftigen Erblassers gesetzlich zustehen würde. Als Gegenleistung gibt es sofort Geld. Damit kann Verzichtenden egal sein, wie lange der Erblasser noch lebt und wie viel Vermögen nach dessen Tod tatsächlich zum Verteilen übrig bleibt.

Der Pflichtteilsvertrag kann individuell gestaltet werden. Erblasser können sich überlegen, ob der Verzicht auch Abkömmlinge des oder der Verzichtenden umfassen soll, ob jemand nur zugunsten bestimmter Angehöriger - etwa Eltern, Geschwistern und Kinder - oder generell dem Erbe und dem Pflichtteil entsagen soll.

Darüber hinaus sei es möglich, den Verzicht auf bestimmte Gegenstände und Immobilien zu beschränken. Verzichtende bekommen dann zwar beim Tod des Erblassers ihren Pflichtteil, aber gemindert um den Wert der zuvor festgelegten Gegenstände.

Bei der Vermögensübersicht zu schummeln, ist tabu

Um späteren Streitigkeiten über die Abfindung vorzubeugen, rät Julia Roglmeier, dem Pflichtteilsverzichtsvertrag eine Vermögensübersicht des künftigen Erblassers beizulegen, damit die Bemessungsgrundlage der Zahlung transparent wird.

Mogeln beim Vermögen gilt nicht. «Sonst kann der Vertrag nachträglich mit dem Argument der Sittenwidrigkeit angegriffen werden.» Aus dem Grund sei es auch tabu, Notlagen oder die Unerfahrenheit Verzichtender ausnutzen zu wollen, mit dem Ziel, sie zur Zustimmung zum Vertrag zu drängen. dpa

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