So finden Kunden den richtigen Schlichter

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So finden Kunden den richtigen Schlichter

Zahlungsdienstleister: Selbst der Kauf auf Rechnung wird mittlerweile auf diese Weise abgewickelt 

Gibt es beim Online-Shopping Probleme mit der Zahlung über einen Zahlungsdienstleister, müssen Kundinnen unter Umstände eine Schlichtungsstelle einschalten. Foto: Klose/dpa-mag

02.06.2022

Onlineshopping vom Sofa aus ist bequem. Genauso bequem ist inzwischen der Bezahlvorgang. Händler bieten oft mehrere Zahlungsmethoden an, zwischen denen Kundinnen und Kunden wählen können.

Was viele nicht wissen: Selbst der Kauf auf Rechnung wird mittlerweile über einen Zahlungsdienstleister abgewickelt, erklärt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) in Kehl. Das kann bei Problemen mit der Kaufabwicklung zu Überraschungen führen.

Kunden haben zwei Vertragspartner

Der Grund: Zahlungsdienstleister wie PayPal, Klarna oder Amazon Pay sind eigenständige Unternehmen mit Sitz im EU-Ausland. Kundinnen und Kunden gehen also mit ihrer Bestellung im Online-Shop zwei voneinander zu trennende Vertragsbeziehungen ein. Die Folge: Bei Problemen müssen sie sich an zwei verschiedene Unternehmen wenden. Fragen zur Lieferung oder zur Qualität der Ware sind ausschließlich mit dem Verkäufer zu klären. Probleme bei der Zahlung bearbeitet ausschließlich der Zahlungsdienstleister. Das Problem: Lehnt der Kundenservice des einen Vertragspartners die Beschwerde ab, bleiben Betroffene meist ratlos zurück.

Hilfe bieten Schlichtungsstellen

Mancher Zahlungsdienstleister verweist in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) auf die Möglichkeit, die Streitigkeit über die Schlichtungsstelle bei der Deutschen Bundesbank beziehungsweise bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) außergerichtlich beizulegen. Tatsächlich zuständig ist aber laut Verbraucherzentrum in der Regel die Streitbeilegungsstelle in dem Land, aus dem das Unternehmen kommt. Diese Information finden Kundinnen und Kunden aber erst nach langer Suche an anderer Stelle auf der Website des Zahlungsdienstleisters. Außerdem ändern sich die Angaben in den AGB sehr häufig, was die Verwirrung zusätzlich erhöht.

Plattform weist den Weg

Bei der Suche nach der richtigen Schlichtungsstelle hilft die nationale Kontaktstelle für die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung (ODR-Plattform). Die Kontaktstelle berät Verbraucherinnen und Verbraucher zu Schlichtungsstellen und zu Verbraucherrechten. 

Wichtig: Die Plattform ist selbst keine Schlichtungsstelle, sondern soll die Kommunikation zwischen Unternehmern und Verbrauchern erleichtern.

Mit ihrer Hilfe können sich Betroffene aber die richtige Schlichtungsstelle vorschlagen lassen. Helfen kann auch das integrierte Übersetzungstool für grenzüberschreitende Fälle. dpa


Diskriminierungs-Vermutung bei Lohnrückstand

Bekanntlich gilt: ArbeitnehmerInnen in Betrieben mit über 200 Beschäftigten können vom Arbeitgeber gemäß § 10 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) Auskunft über das Gehalt vergleichbarer Beschäftigter des jeweils anderen Geschlechts verlangen. Dazu muss für jeden Vergleichsarbeitnehmer das Durchschnittsgehalt errechnet und bei Teilzeitkräften - „auf Vollzeitäquivalente hochgerechnet“ werden (§ 11 Abs.3 Satz 2 EntgTranspG), und der Arbeitgeber muss zu ein bis zwei Vergütungsbestandteilen (wie z.B. Zulagen oder Einmalzahlungen) Auskunft erteilen (§ 10 Abs.1 Satz 3 EntgTranspG). Im zweiten Schritt sind die Vergleichsarbeitnehmer nach ihrem Gehalt in eine Rangfolge bringen, denn der Arbeitgeber muss nicht etwa über den Durchschnitt der Gehälter der Vergleichsarbeitnehmer Auskunft erteilen, sondern über den sog. Medianwert (§ 11 Abs.3 Satz 2 EntgTranspG).

Der Median-Arbeitnehmer (bzw. sein Gehalt) ist dann derjenige, der in der Gehaltsrangfolge genau in der Mitte steht. Bei neun Vergleichsarbeitnehmern wäre es Arbeitnehmer Nr.5, denn er verdient einerseits mehr als vier seiner Kollegen, andererseits aber auch weniger als vier andere Kollegen, die in der Gehaltsrangfolge über ihm stehen. Der Medianwert ist bei Einkommensvergleichen oft geringer als der Durchschnitt, wenn einige besonders gut verdienende Personen den Durchschnitt nach oben ziehen. Fraglich war bislang, ob es bereits ein Indiz für eine geschlechtsbedingte Lohndiskriminierung von Frauen im Sinne von § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist, wenn sich aus der Auskunft des Arbeitgebers ergibt, dass das Median-Gehalt der männlichen Vergleichsarbeitnehmer höher ist als das Gehalt einer Arbeitnehmerin, die um Auskunft gebeten hat, d.h. ob man aus solchen abstrakten Zahlen bereits die Vermutung ableiten kann, dass hier eine Gehaltsbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ vorliegt? Das BAG (Bundesarbeitsgericht) hat hierzu festgestellt, dass in diesem Fall bereits die Vermutung einer Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“ besteht, die der Arbeitgeber widerlegen muss. (Urteil vom 21.01.2021, Az. 8 AZR 488/19).

Denn: Erteilt der Arbeitgeber eine Auskunft über das Vergleichsgehalt der maßgeblichen männlichen Vergleichsperson(en), dann sagt er damit zugleich auch, dass dieses Vergleichsgehalt für gleiche bzw. gleichwertige Tätigkeit gezahlt wird. Der Gehaltsunterschied an sich begründet also bereits die rechtliche Vermutung einer Entgeltbenachteiligung „wegen des Geschlechts“, so das BAG.

Somit ist es dann Aufgabe des Arbeitgebers, diese Vermutung zu widerlegen, wobei das BAG auf die Beweislastregel des § 22 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz  (AGG) verweist. Danach muss der Arbeitgeber den umfassenden Nachweis führen, dass „kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat“.

Sabine Hein, Fachanwältin - für Arbeitsrecht, Bernau, Biesenthal & Eberswalde

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