Von der Berliner Straße aus fällt der Blick auf eine Villa, die im Katastrophenfall zur überörtlichen Schaltzentrale werden würde. Dieses Objekt stand am Anfang der Baumaßnahmen. Etwa 1,6 Millionen Euro wurden dort investiert. Betriebsbereit ist Haus I seit 2016.
„Öffentliche Sicherheit und Ordnung“, so heißt das Sachgebiet der Kreisverwaltung, das dem Dezernat III von Michael Koch untersteht und im Haus I ansässig ist. Teil der dortigen Hierarchie ist der Brand- und Bevölkerungsschutz sowie der Rettungsdienst. Dieses Referat wird von Marian Timm geleitet, das FTZ selbst von Sebastian Lodwig.
Hinter der Villa steht ein hoher Mast. Dieser dient zur Erfüllung der Aufgaben in den Bereichen Brandschutz, Bevölkerungsschutz und Rettungsdienst. Er dient zur Aufnahme der Antenne für das digitale Alarmierungssystem der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und zur Redundanzsicherstellung der digitalen Alarmierung der Einsatzkräfte des Brand- und Bevölkerungsschutzes sowie des Rettungsdienstes. Des Weiteren ist der Standort FTZ mit einem Master-DAU und einem digitalen Alarmrufgeber (DAG) als Redundanzstation ausgestattet, um bei einem etwaigen Ausfall oder einer Unterbrechung der digitalen Alarmierung durch die Regionalleitstellen eine Alarmierung der Einsatzkräfte im Landkreis Havelland sicherzustellen.
Im Fall der Fälle - dank Notstrom kann das FTZ völlig autark agieren - wird der Stabsraum zum Arbeitsplatz aller Entscheidungsträger. Auch Dezernent Michael Koch, er ist seit Mai der zuständige Dezernent, würde ins dann einzurichtende 3-Schicht-System integriert. Im Krisenmodus wären etwa 60 Frauen und Männer dort tätig – inklusive Angehöriger der Bundeswehr, der Feuerwehren, der Polizei, der Hilfsorganisationen, des Rettungsdienstes und Mitgliedern des Technischen Hilfswerks (THW).
Eine Nagelprobe gab es noch nicht. Das letzte Mal wurde 2013 der Katastrophenfall im Havelland ausgerufen. Nach Deichbruch bei Fischbeck (Sachsen-Anhalt) bedrohte Elbewasser westliche Teile des Landkreises. Zum Glück blieb die Katastrophe dort aus.
Die fünf Städte, fünf amtsfreien Gemeinden und die drei Ämter im Landkreis Havelland sind jeweils selbst Träger des Brand- und Bevölkerungsschutzes – angeschlossen an die überregionale Leitstelle in Potsdam. Dort gehen Notrufe über 112 ein. Würde sich eine überörtliche Katastrophe anbahnen, übernimmt das FTZ in Friesack. Rund 5.000 Quadratmeter groß ist die Bereitstellungsfläche auf dem Grundstück. Von dort aus ginge es in den Einsatz. Kürzlich wurden dort Katastrophenhelfer verabschiedet, die in Rheinland-Pfalz zum Einsatz gebracht wurden.
Das FTZ hält in Haus II mehrere Fahrzeuge vor, darunter den Einsatzleitwagen. Spiegelblank poliert und bestens durch einen dafür zuständigen Mechaniker gewartet, könnten die Fahrzeuge jederzeit gestartet werden. Neben der Fahrzeughalle gehören die Kfz-Werkstatt, ein Pumpenprüfstand, ein Schulungsraum und eine Küche zum Objekt. Von hier aus würden Einsatzkräfte versorgt. Wenn sich Bundeswehr oder THW auf dem Gelände befinden, können sie ebenso die Küche nutzen. Haus II kostete rund 2,3 Millionen Euro.
Das jüngste FTZ-Projekt wurde im ersten Quartal 2021 vollendet. In Haus III flossen etwa 3,7 Millionen Euro. Hier ist ein Atemschutzzentrum ansässig – eines der modernsten im Land! Drei Gerätewarte, alle Mitglieder Freiwilliger Feuerwehren, reinigen und prüfen Sauerstoffmasken und -flaschen, die Feuerwehren im Landkreis bei Einsätzen genutzt haben. Ferner werden dort durch einen weiteren Mitarbeiter mit FFW-Zugehörigkeit Schutzanzüge und Schläuche gereinigt, geprüft und bei Bedarf repariert. Bis auf den Materialeinsatz ist der Service für die Feuerwehren gratis. Ebenso kostenlos ist der Stresstest, dem sich Atemschutzgeräteträger jährlich unterziehen müssen.
Jede Feuerwehr muss gemäß ihrer jeweiligen Gefahren- und Abwehrplanung eine bestimmte Quote aktiver Mitglieder vorhalten, die im Einsatz Maske und Flasche tragen. Damit sie sich und andere nicht in Gefahr bringen, wird jährlich der persönliche Fitnessstand ermittelt. Dafür steht in Haus III ein Sportraum mit entsprechenden Geräten zur Verfügung. In einen anderen Raum geht es in voller Montur - also auch mit Helm auf dem Kopf, Maske vor dem Gesicht und Pressluftflasche auf dem Rücken.
Es gilt, einen komplizierten und ungemein schweißtreibenden Parcours zu durchlaufen beziehungsweise zu durchkriechen.
Die Zeit dafür ist vorgegeben, sie entspricht dem Verbrauch der Sauerstoffflasche, bis diese leer wäre. Eine halbe Stunde reicht die Luft. Um die Übung zu verschärfen, wird der Raum verfinstert wie die Nacht, wird Rauch wie bei einem Brand hineingepustet und werden Lichtblitze und Krach erzeugt. Nur wer den Parcours erfolgreich absolviert, bleibt Atemschutzgeräteträger in seiner Feuerwehr. Ferner bietet Haus III mehrere Räume zu speziellen Schulungszwecken, in denen es mitunter ebenso schweißtreibend zugeht.
Bei Haus IV handelt es sich um ein zweigeteiltes Objekt. Zum einen wird auch dieses freilich von den Katastrophenschützern genutzt. Dort befinden sich unter anderem Schulungsräume, Umkleidemöglichkeiten, großzügige Sanitärtrakte und eine kleine Fahrzeughalle mit Lagerkapazitäten. Der andere Teil ist eine Rettungswache des Landkreises Havelland.
Das Haus V wird derzeit zur Einlagerung diverser Ausstattungsgegenstände genutzt. Eine Ertüchtigung des Gebäudes unter Einhaltung energetischer und arbeitsschutzrechtlicher Belange ist in Planung. Für die Zukunft ist hier eine moderne IT-gestützte Lagerbewirtschaftung mit einem Hochregallagersystem vorgesehen. Indessen befindet sich in Haus VI ein Übergangswohnheim für Asylbewerber.
Unter freiem Himmel stehen beispielsweise ein Bus und ein Chemiekesselwagen. Beide dienen zur Schulung von Einsatz- und Rettungskräften. Den Kesselwagen konnte der Landkreis für das FTZ von einem hiesigen Unternehmen kostengünstig erwerben. Die größte Herausforderung stellte jedoch der notwendige Schwerlasttransport dar. An dieser Stelle richtet FTZ-Leiter Sebastian Lodwig nochmals seinen Dank an die Bundeswehr, die den schwierigen Transport des Kesselwagens durch einen Teil des Havellands zum jetzigen Standort realisierte.
Womöglich zeigt sich irgendwann auch die Bahn AG in Sachen havelländisches Rettungswesen engagiert und spendiert einen ausrangierten Regionalbahnwaggon. Denn der steht ganz oben auf der Wunschliste des Feuerwehrtechnischen Zentrums. René Wernitz