In Zeiten von Personalmangel und langen Wartezeiten für Ersatzteilen, kommt es in der letzten Zeit auch in den Werkstätten immer wieder zu Verzögerungen bei der Reparatur von Verkehrsunfallschäden, die es früher nicht gab. Auch wenn die gegnerische die Regulierung des Unfallschadens im Vorfeld bestätigt, gibt es im Nachgang dann leider immer wieder Streit über die Kosten eines Mietwagens und die vermeintlich zu lange Anmietdauer oder den Umfang des Nutzungsausfalls. Seitens der Versicherer wird dann behauptet, die erforder Dauer der Reparatur sei nicht notwendig, oder es sein ein Reparaturablaufplan lich, da ohne diesen nicht prüfbar sei, warum eine Reparatur länger dauere, als ursprünglich angenommen. Dieser Auffassung ist das Amtsgericht Baden Baden in der aktuellen Entscheidung vom 09.03.2022, Az.: 26 C 134/21 deutlich entgegengetreten. In dem dortigen Fall hatte ein Fahrzeug einen erheblichen Unfallschaden erlitten und war nicht mehr fahrbereit. Das Fahrzeug wurde in die Werkstatt verbracht, wo ein Sachverständigengutachten erstellt wurde. Nach Beginn der Reparaturarbeiten wurde 7 Tage nach der Erstellung des Gutachtens eine Nachbesichtigung durch den Sachverständigen vorgenommen, und wegen Reparaturweiterungen ein Nachtragsgutachten erstellt. Die Arbeiten wurden dann fortgesetzt Und das Fahrzeug nach 29 Tagen an den Geschädigten wieder herausgegeben.
Die Versicherung verlangte einen Reparaturablaufplan und - behauptete, ohne diesen nicht prüfen zu können, warum für die Instandsetzung 29 Tage statt der ursprünglich veranschlagten 8-9 Tage benötigt worden seien. Das Amtsgericht sprach dem Geschädigten gesamten Nutzungsausfall von 29 Tagen zu 38 zu. Es führte hierzu aus, dass sowohl Verzögerungen bei der Gutachtenerstellung, ebenso wie bei der Reparatur grundsätzlich zu Lasten des Schädigers gehen, sofern der Geschädigte diese nicht zu vertreten hat, was vorliegend nicht der Fall war. Sowohl der Gutachter als auch die Werkstatt sind nicht die Erfüllungsgehilfen des Geschädigten.
Die Regulierung kann auch nicht von der Vorlage eines Reparaturablaufplans abhängig gemacht werden, da sich die Dauer bereits aus den Gutachten und aus der Reparaturrechnung ergebe.
Im Falle eines Unfalls sollte daher immer anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden, wobei bei einem unverschuldeten Unfall die anfallenden Anwaltskosten ebenfalls vom Schädiger zu zahlen sind.
Ralf Breywisch Rechtsanwalt u. Fachanwalt für Verkehrsrecht Mitglied Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des DAV
Nachlassregelung: Kann man einen Testamentsvollstrecker absetzen?
Wenn Hinterbliebene das Testament eines verstorbenen Angehörigen lesen, fallen sie mitunter aus allen Wolken. Denn nicht selten kommt es vor, dass der Erblasser oder die Erblasserin einen Testamentsvollstrecker benannt hat - wovon niemand etwas wusste. Was aber tun, wenn es zwischen Erben und Testamentsvollstrecker menschelt?
Ein Testamentsvollstrecker soll dafür sorgen, dass mit dem Erbe einer verstorbenen Person in deren Sinne umgegangen wird. Er soll bestimmte Vorgaben, womöglich auch gegen den Willen der Erben, durchsetzen. Etwa, dass ein Haus im Familienbesitz bleibt und nicht verkauft wird. Nur: Das funktioniert nicht immer harmonisch. Manchmal möchten Erben den Testamentsvollstrecker am liebsten einfach loswerden.
Doch so einfach geht das nicht. «Emotionale Befindlichkeiten reichen nicht, um e einen Testamentsvollstrecker (abzusetzen», sagt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht. Damit es dazu kommt, muss sich der Testamentsvollstrecker gravierende Fehlgriffe geleistet haben. Das letzte Wort über eine mögliche Absetzung hat immer das Nachlassgericht.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es dazu konkret: „Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung."
Eine grobe Pflichtverletzung liegt laut Fachanwalt Eberhard Rott zum Beispiel vor, wenn der Testamentsvollstrecker nachweislich Gelder veruntreut hat. Oder, wenn er im Testament verfügte Anordnungen missachtet, er schlicht nicht tätig wurde oder aus reinem Eigennutz handelte.
,,Eine Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung kann sich etwa darin zeigen, dass kein Nachlassverzeichnis angelegt und gepflegt wurde", so Rott. Oder, dass der Testamentsvollstrecker seiner Informationspflicht gegenüber den Hinterbliebenen nicht nachgekommen ist.
Ist der Testamentsvollstrecker für längere Zeit erkrankt oder aus beruflichen oder privaten Gründen nicht in der Lage, sich um den Nachlass zu kümmern, sind die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Absetzung ebenfalls gut. Leichte Pflichtverletzungen reichen indes nicht aus, um einen Testamentsvollstrecker seines Amtes zu entheben. «Es ist Sache des Antragstellers nachzuweisen, dass der Testamentsvollstrecker vorsätzlich oder fahrlässig seine Pflichten verletzt hat», sagt Bittler. Ob das so ist, prüft das Nachlassgericht.
Finden sich keine Pflichtverletzungen, gibt es Alternativen
Nun ist dem Testamentsvollstrecker aber nichts vorzuwerfen. Er oder sie erfüllt die Aufgaben und Pflichten ordnungsgemäß aber der ein s oder andere Hinterbliebene ist schlicht nicht einverstanden mit der Person. Und nun? „In solchen Fällen bietet es sich an, gemeinsam mit einem Anwalt oder einer Anwältin eine Strategie aufzubauen", sagt Anwalt Eberhard - Rott.
Eine Option könne etwa sein, die Erbschaft auszuschlagen und sich nur noch den Pflicht-teil zu sichern. ,,Das bedeutet zwar, dass man nur noch die Hälfte des Erbteils bekommt, aber man kann sich so vom Testamentsvollstrecker loslösen", so Rott.
Eine andere Option: Das Testament anfechten und dabei - die Frage aufwerfen, ob sich der Erblasser oder die Erblasserin womöglich mit der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers geirrt haben s könnte. Was auch geht, um - den Testamentsvollstrecker loszuwerden: ,,Das Erbteilverkaufen", sagt Rott. Das ist aber nur möglich, wenn der Erblasser oder die Erblasserin genau diese Variante nicht per Testament ausgeschlossen hat. dpa