Die ersten Blüten an Bäumen und Sträuchern lassen Fahrer von Old- und ersten Youngtimern den den schönen Sonnentagen mit milden Temperaturen entgegenfiebern. Und schon jetzt können sich viele Klassiker-Freunde kaum noch zurückhalten ihre ihre automobilen Schätze aus der Garage zu holen und die erste Ausfahrt zu unternehmen. Doch nach einer längeren Standzeit, während der trüben und feuchten Winterzeit, benötigt die Technik der meisten automobilen Klassiker etwas Aufmerksamkeit. Ein gründlicher Check ist angesagt, bevor es wieder auf die Straße und in die neue Klassik-Saison geht. Der Automobilclub Deutschland (AvD) von gibt Tipps, damit die erste Ausfahrt möglichst nicht mit einer Panne endet.
Das A und O: gute Planung
Eine gründliche Sichtprüfung zur Bestandsaufnahme bildet den ersten Schritt der Frühjahrskur und sollte erfolgen, bevor es dem automobilen Schatz ans Blech geht. Was machen die Bremsen? Finden sich Undichtigkeiten an Leitungen und Schläuchen? Hat die Batterie noch ausreichend Spannung? Welche Auswirkungen hatte die feuchte Witterung der vergangenen Monate auf die Karosserie? Wie ist es um Zustand und Alter der Bereifung bestellt?
Insbesondere bei klassischen Autos findet sich eigentlich immer etwas, weshalb eine schriftliche Auflistung aller anzugehenden Punkte hilft den Überblick zu behalten. Auch ist es ratsam die anstehenden Arbeiten zu priorisieren: Die für den Betrieb und die Fahrsicherheit unerlässlichen Mängel haben die höchste Wichtigkeit und sollten unverzüglich angegangen werden. Alles, was allein der Verbesserung von Optik und Komfort dient, rangiert entsprechend nachgeordnet.
Empfehlenswerter Startpunkt: Prüfung von Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffen
Zu Beginn aller Wartungsarbeiten sollte die Kontrolle von Füll- und Zustand der Betriebsflüssigkeiten und Schmierstoffen stehen bei Automatikfahrzeugen ergänzt um die Prüfung des Getriebeöls. In allen Fällen gilt: Bei sehr dunkler Verfärbung oder starkem Geruch vorsichtshalber das fragliche Betriebsmittel durch eine neue Befüllung ersetzen. Im Gegenzug für die akkurate Kontrolle dankt die Technik mittelfristig mit vermindertem Verschleiß und verbesserter Zuverlässigkeit während der Saison. Wurde der Klassiker länger als sechs Monate nicht mehr bewegt, ist in jedem Fall ein Ölwechsel angesagt, weil das Öl durch Kondenswasser und durch abgelöste Partikel verunreinigt sein kann. Bei dieser Arbeit auch den Austausch des Ölfilters nicht vergessen.
Die Wahl der richtigen Öl-Sorte wird vom Alter des Klassikers bestimmt. Vor 1960 enthielten Motoröle kaum nennenswerte Reinigungsstoffe und verfügten weder über Dispergier- noch über Detergiervermögen. Zehn Jahre später, also ab 1970, wurden bereits entsprechende Substanzen zugemischt, allerdings in deutlich geringerem Maße als heute. Verfügt das eigene Fahrzeug über einen älteren, nicht aufgearbeiteten Motor, weist dieser zumeist Ablagerungen auf, die moderne Öle mit ihrer hohen Reinigungswirkung ablösen würden. Gelangen diese Partikel dann in den Schmierfilm, droht ein baldiger Motorschaden.
Die erste Öl-Wahl für Klassiker: Einbereichsöle
Auch für ältere Motoren, deren Innereien frei sind von Ablagerungen, verbietet sich ein Betrieb mit modernen, sehr dünnflüssigen Mehrbereichsölen. Da ihre mechanischen Teile zumeist deutlich größere Toleranzen aufweisen als ein moderner Motor, kann es dann zu einem Schmierfilmabriss kommen. Auch hier wäre ein Motorschaden die unweigerliche Folge. Somit sind Einbereichsöle für klassische Automobile in jedem Fall die bessere Wahl.
Eine sehr eingehende Aufmerksamkeit verdient die Bremsflüssigkeit. Sie ist bekanntlich hygroskopisch, zieht also Wasser an. Die hohe Luftfeuchtigkeit der vergangenen Wochen hat durchaus das Potenzial den Wasseranteil in der Bremsflüssigkeit in beträchtlichem Maße zu erhöhen. Wer für die Zustandsprüfung der Bremsflüssigkeit nicht extra in eine Werkstatt fahren will, findet im Internet für rund 10 Euro eine eigene Prüfspindel.
Achtung: Sollte es während der Wintermonate zu einem Verlust an Bremsflüssigkeit gekommen sein, ist eine Undichtigkeit im Bremskreis wahrscheinlich. Dann ist Gefahr in Verzug. Eine penible Kontrolle des gesamten Bremssystems einschließlich aller Leitungen ist dann dringend angeraten, um mögliche Leckagen zu finden und abzudichten. Die Behebung derartiger Auffälligkeiten gehört ganz nach oben auf die Prioritätenliste. Und weil die Bremsen ein ganz zentrales Sicherheitsfeature Fahrzeugs sind, ist zumindest eine Sichtkontrolle jedesvon Bremssätteln, Reibflächen und Belägen zum Saisonstart angeraten.
Kühlwasser, Servolenkung und Schmiernippel nicht vergessen
Jetzt geht es ans Kühlwasser, dessen Füllstand im Zuge der Kontrolle anzupassen ist. Frostschutzmittel ist nicht nur für das thermische Wohlbefinden des Motors von zentraler Bedeutung, sondern wirkt auch gegen Korrosion innerhalb des Kühlkreislaufs. Beim Nachfüllen ist darauf zu achten, dass der Ausgleichsbehälter nur bis zur entsprechenden Markierung - oder wenn die fehlt - bis zur Hälfte gefüllt wird, da der Behälter im Fahrbetrieb unter Druck steht und ein zu hoher Füllstand die Dichtungen beschädigen kann.
Die Servolenkung gehört bei etlichen Youngund einigen Oldtimermodellen zu den gängigen Ausstattungsmerkmalen. Vor der ersten Ausfahrt ist es ratsam auch hier die Hydraulikflüssigkeit und vor allem die Servopumpe (Leckagen?) zu kontrollieren. Bei den meisten älteren Fahrzeugen mit dezentraler Schmierung gilt es schließẞlich noch den vorhandenen Schmiernippeln, etwa an Antriebswelle, Gelenken oder Lagern mit der Fettpresse nahe zu kommen. Dabei unbedingt die Schmierpläne des Herstellers beachten. Und nicht vergessen: Auch Schlösser und Scharniere sowie die Laufschienen von Schiebedächern freuen sich über Öl oder Fett.
Die Prüfung des Motors sollte zumindest einen Check der Zündkerzen umfassen. Um diese auf Schmutz (Verkokung) oder Rost untersuchen zu können, müssen dazu die Stecker mit den Zündkabeln abgezogen und die Kerzen herausgeschraubt werden. Verruẞte Kontakte lassen sich vorsichtig mit einer feinen Drahtbürste reinigen, während Fühllehren für die Überprüfung des Diodenabstands unerlässlich sind. Die genaue Sichtkontrolle der Ummantelungen und Befestigungen von Kabeln und Kabelbaum erledigt sich bei dieser Gelegenheit im sprichwörtlichen Handumdrehen. Sind Defekte erkennbar, lieber eine Fachwerkstatt mit dem Austausch beauftragen. Der AvD empfiehlt allen, die sich nicht zu den absolut versierten Bastlern zählen, Einstellungsarbeiten an Motorlauf, Vergaser oder Zündung durch Werkstattprofis durchführen zu lassen.
Fiat lux: Beleuchtung und Elektrik des Fahrzeuges
Gerade bei Oldtimern erfordern Beleuchtung und Elektrik eine erhöhte Aufmerksamkeit. Dabei geht es weniger darum selbst zu sehen, sondern vielmehr darum gesehen zu werden. Schließlich fällt die Lichtausbeute von Oldtimer-Scheinwerfern und -Rückstrahlern im Vergleich zur Strahlkraft moderner Lichtsysteme geradezu funzelig aus. Da beeinträchtigt eine Fehlfunktion an einem Beleuchtungselement die Sichtbarkeit des Klassikers überproportional. Daher am besten vor jeder Ausfahrt die Lichtanlage prüfen, die Scheinwerfergläser auf Sprünge und blinde Stellen untersuchen. Auch die Halterungen und Dichtungen der Scheinwerferkörper verdienen einen prüfenden Blick. Darüber hinaus ist es ratsam die Heizung bzw. die Lüftung ebenfalls nicht unbeachtet zu lassen und auf Funktion zu prüfen, sorgen sie doch für gute Sicht aber auch für Behaglichkeit.
Reifen immer kontrollieren
Ein weiterer zentraler Punkt eines Fahrzeugchecks zum Saisonstart sind die Reifen. „Standplatten“ entstehend durch das Fahrzeuggewicht bei langem Stehen im Winterquartier mit zu geringem Luftdruck. Ob ein Austausch erforderlich ist, klärt sich bei einer Probefahrt, für die zunächst der Reifenluftdruck auf den Maximalwert gebracht werden sollte. Bleibt auch nach einigen Kilometern das holprige Fahrgefühl erhalten, sind neue Pneus fällig. Daneben gilt es das Reifenprofil auf Beschädigungen zu kontrollieren. Hingegen sorgen die durchweg geringen Fahrleistungen klassischer Fahrzeuge dafür, dass Reifenverschleiß kaum ein Thema ist. Das deutlich größere Problem ist der unvermeidliche Alterungsprozess des Gummis. Wenn der Reifen aushärtet, büßt er an Haftkraft ein, was speziell bei feuchter Fahrbahn zu einem spürbaren Verlust an Seitenführung und zu erheblich längeren Bremswegen führt. Alle sieben bis spätestens zehn Jahre ist deshalb rundum eine neue Bereifung fällig, auch wenn die Pneus noch „gut“ aussehen.
Historische Fahrzeuge sind oft mit heute nicht mehr gängigen Reifensorten, wie etwa Diagonalreifen oder mit nicht mehr gängigen Reifengrößen ausgerüstet. Der Reifenkauf kann daher zur Herausforderung werden. Es gibt jedoch Hersteller, die Sonderserien mit neuer Konstruktion, aber klassischer Optik in entsprechenden Größen auflegen. Deren Verfügbarkeit ist aber nicht durchgehend gegeben, weshalb es gilt, frühzeitig die Ersatzbeschaffung der benötigten Reifen anzugehen.
Ist der Klassiker mit Weißwandreifen ausgestattet, helfen bei der Reinigung nicht zu grobe Topfreinigungskissen, Neutralseife oder eine Reinigungsmilch fürs Baden. Hartnäckigem Schmutz lässt sich vorsichtig mit nassem Schleifpapier in 180er Körnung zu Leibe rücken.
Der finale Check: unbedingt Probefahrt einplanen
Sind alle Arbeiten erledigt, folgt die Probefahrt. Die hilft nicht nur eventuell versteckte Mängel zu entdecken, sondern auch, sich langsam wieder an die Fahreigenschaften des automobilen Klassikers Wichtiger zu gewöhnen. Punkt: Den Geradeauslauf testen. Läuft das Auto aus der Spur und erfordert permanente Lenkkorrekturen, sollte ein Fachmann das Fahrwerk überprüfen. Das gilt ebenso bei verzögerten Reaktionen auf Lenkbewegungen. Bremst das Fahrzeug ungleichmäßig und zieht aus der Spur, sind Arbeiten an den Bremsen fällig.
Dabei auch die Handbremse nicht vergessen, denn durch Temperaturschwankungen während der Standzeiten können sich die Bremszüge längen. Das Nachstellen des Hebelwegs oder der Austausch des Zugs schafft Abhilfe. avd