Es gibt viel zu tun bei der Autodienst Stange Truck und Car Service GmbH. Während wir mit dem Senior-Chef und Unternehmensgründer, René Stange, zum Gespräch im Büro sitzen, klingelt mehrmals das Telefon, mehrmals ist es wichtig. Nur um den eigenen Sohn, Werkstattleiter Michell Stange zu erreichen, braucht es mehrere Anläufe, denn auch der hat viel zu tun. Dass Autodienst Stange schon lange ein erfolgreicher KFZ-Betrieb und erster Ansprechpartner für viele Kunden der Region im Bereich Lkw wie Pkw ist, ist klar. Zusätzlich dazu aber scheint sich bewahrheitet zu haben, was sich der Senior vor über einem Jahr wünschte.
„Das Sprichwort, dass das Handwerk goldenen Boden hat, scheint wieder etwas zu bedeuten“, freut sich René Stange, der sich damals auch an die Presse wandte, um eine besondere Idee zu bewerben. Mit dem „Schau mal rein-Tag“ sollte jungen Leuten eine Ausbildung zum Mechatroniker beim Familienbetrieb Stange im Gewerbegebiet Vehlefanz schmackhaft gemacht werden. Und tatsächlich hat dieser Tag der offenen Tür damals für die ganze Familie mit Werkstattvorführung, Grillen und netter Atmosphäre geplant - die erhoffte Wende bei der Ausschau nach Lehrlingen gebracht.
Denn genau wie Fachkräfte werden diese im Handwerk und auch bei Stange jede Saison wieder gesucht. „Mittlerweile haben wir jedes Jahr an die zehn bis zwölf Bewerbungen“, erzählt Senior-Chef Stange heute sichtlich erfreut, „wir können bis zu vier Azubis nehmen.“ Mehr kriege er nicht unter, so Stange, denn jedem Lehrling wird ein Facharbeiter zugeteilt, dem er von Beginn der Ausbildung an über die Schulter guckt. Aber nicht nur das, auch praktisch geht es in der Werkstatt gleich los. „Das gefällt den Azubis“, erklärt René Stange, „sie schätzen, dass sie hier sofort handwerklich gefordert sind und erzählen dies auch Kollegen in der Berufsschule.“ So kämen auch von außen mehr und mehr Bewerber zum Betrieb.
Dort werden sie von Werkstattleiter Michell Stange und vom jungen Mitarbeiter und Werkstattleiter im Bereich PKW, Hubert Kiedrowicz, auf Augenhöhe betreut. Dieses Jahr sind es die Zwillinge Kevin und Connor Gehrke, Jamie-Ryan Klengel und Glen Luca Möller, die in den Genuss des sehr familiären Arbeitsklimas im Betrieb kommen.
„Es stimmt erstens nicht, dass junge Leute heutzutage nicht arbeiten wollen, nichts als eine Vier-Tage-Woche wünschen und um sechs nach Hause möchten“, erklärt Stange bestimmt, „im Gegenteil, die jungen Menschen wissen meist sehr gut, was sie erreichen wollen und denken genau darüber nach, wie sie das bekommen.“ Natürlich spiele das Gehalt dabei eine Rolle. Und glücklicherweise könne man hier auch im Handwerk mittlerweile auf Brutto zwischen drei bis viertausend Euro kommen, so der erfahrene KFZ-Mechaniker und langjährige Betriebsleiter. „Aber das Geld ist dann doch nicht alles“, ist Stange überzeugt. „Unser gigantisches Plus gegenüber großen Unternehmen mit anonymisierten Arbeitsprozessen ist, dass wir ein Familienbetrieb sind. Und das fühlt man auch. In flachen Hierarchien und auch in der Art der Führung unserer jungen Werkstattleiter.“ Wenn da die Arbeitszeiten schonmal flexibler ausfallen als früher, dafür aber die Motivation stimme und die jungen Mitarbeiter gerne zur Arbeit kämen, dann sei das ganz im Sinne des Seniors.
„Junge Leute, neue Ideen“, bringt er es auf den Punkt, „meine Frau und ich gehen jetzt auf die sechzig zu und müssen natürlich daran denken, Stühle freizuräumen. Dann rücken unsere Söhne nach und dann brauchen wir wieder eine neue Werkstattleitung.“ Viel zu tun und viel zu erreichen also auf der Karriereleiter im Betrieb.
Natürlich gebe es auch Hindernisse und regelrechte Steine, die die Politik dem Handwerk in den Weg lege, so der Chef dann. „Überstunden zum Beispiel sollten einfach steuerfrei sein“, sagt er klar, „wie soll ich das jungen Leuten erklären, die sie motiviert ableisten und damit unseren Kunden entgegenarbeiten wollen, wenn ihnen die Steuer dann alles wieder wegnimmt und sie am Ende des Monats nicht mehr in der Tasche haben?“
Auch mit der Verkehrsanbindung des im Gewerbegebiet Vehlefanz befindlichen Betriebes hadert Familie Stange weiter. „Der Bus 812 fährt jetzt hier durch, das hilft schonmal“, so Stange, „aber die Unzuverlässigkeit und Unpünktlichkeit der Deutschen Bahn, das ist wirklich schlimm. Auch die schlechte Taktung der Züge. Um 6 Uhr morgens anfangen, stellt sich für viele Lehrlinge als schwierig dar.“
Dennoch, die Bewerbungen trudeln ein und es gibt mittlerweile genug motivierte Lehrlinge. Weiterhin beschäftigt das Unternehmen jedoch der Fachkräftemangel. „Wer mehr und mehr gesucht wird, das sind die Diagnoseschlosser.“ Denn die Autos würden immer komplexer und seien vor allem voll mit Elektronik, erklärt Fachmann Stange. Wo früher vor allem Teile wechseln angesagt war, müssen diese speziell ausgebildeten Fachkräfte heute mit dem Rechner dran. „Zehn Stück davon haben wir mittlerweile in der Werkstatt“, so Stange, „und die brauchen ständig neue Diagnose-Software.“ Die dringend gebrauchten Fachmänner (oder -frauen) dafür verfügen über eine weitaus umfangreichere und somit auch teurere Ausbildung als die reinen Mechatroniker. Aber auch hier kann, wer will, seinen Weg bei Stange gehen. „Wer hier Ambitionen und Potenzial hat, das kristallisiert sich meist während der Ausbildung heraus“, erzählt der Senior-Chef. Den jungen Azubis entsprechend die Weichen zu stellen, ist der Betrieb stets bestrebt. Abwägen müssen Stange und seine Söhne als Unternehmer trotz allem genau. „Einen Lehrling zu schulen, kostet uns natürlich immer“, so Stange, „besonders bei den Diagnoseschlossern ist die Ausbildung wie gesagt sehr aufwendig und teuer. Die Schulungen, die oft von Herstellern verpflichtend vorgegeben werden, finden an vielen Standorten statt. Da zahlen wir dann auch die Übernachtung mit. Auch das neue Equipment, was die Lehrlinge brauchen und dergleichen mehr müssen wir tragen. Natürlich investieren wir gerne in unsere jungen Mitarbeiter und unterstützen sie auch, wenn sie ihren Meister oder ihr Fachabi machen wollen“, so der Chef weiter.
Ein tolles Beispiel für einen jungen Mitarbeiter, der zielstrebig seinen Weg nach oben im Betrieb gemacht habe, sei der 25-jährige Hubert Kiedrovicz, so Stange. „Er kam eigenständig zu mir und sagte, er wolle mehr Aufgaben haben“, erinnert er sich, „das fand ich natürlich toll und habe mir gleich Gedanken gemacht, was ich ihm gebe.“ Gar nicht so einfach, wenn alles über Jahrzehnte in Familienhand gelegen habe, gesteht Stange. Doch Kiedrovicz bekam die Aufgaben und wurde bald Werkstattleiter für das Team PKW. „Dort hat er sich bewährt. Jetzt hat er sein eigenes Büro und macht bald seinen Meister“, so Stange sichtlich stolz.
Optimal sei bei aller Förderung der jungen Schraubtalente aber natürlich nur, wenn ein so aufwendig ausgebildeter Mitarbeiter dann auch im Betrieb bleibe, so Stange: „Sonst beginnen wir danach bei null.“
Und so bietet der Betrieb den Mitarbeitern viele Anreize; die Unterstützung durch ein eigenes Fahrzeug zum Beispiel. „Das Wichtigste aber ist und bleibt ein gutes Team“, so der Chef, „dass die Leute gerne hier arbeiten. So haben wir zum Beispiel die Sechstage-Woche, die aber nur jedes siebte Wochenende.“ Ein reger Austausch der Teams PKW und LKW sowie flache Hierarchien tragen zudem zu einem angenehmen Miteinander bei.
Genauso wie sie es vor einem Jahr beim „Schau ma' rein-Tag“ getan haben, eben. Seither trudeln sie ein, die Bewerbungen und die Azubis. Das Team um Familie Stange bemüht sich weiter, ihnen gute Ausbildung, Perspektiven, Löhne und eine tolle Arbeitsatmosphäre zu bieten. Der Senior-Chef selbst, mittlerweile als Vorsitzender in der Gemeindevertretung Oberkrämer, kämpft auch auf der lokalpolitischen Ebene für Region und Handwerk. Und selbst, wenn er seinen Stuhl dann an die Söhne Michell und Daniel abgeben wird, werden er und Frau Manuela weiter im Betrieb sein. „Ich glaube, letztendlich muss man uns dann schon hier raustragen“, sagt er schallend lachend.
Wir verabschieden uns von einem engagierten Unternehmen und seinem überaus engagierten Gründer.