Blank polierte Karossen in großen, lichtdurchfluteten Räumen: So präsentieren sich Autohäuser oft. Aber wird das auch so bleiben? Im Zuge der Digitalisierung experimentieren Autohersteller mit neuen Wegen, ihre Fahrzeuge zu verkaufen. „Durch Tesla ist ein digitales Verkaufserlebnis schon länger salonfähig. Immer mehr Hersteller setzen auf eine digitale Kundenreise“, sagt Prof. Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM).
Blick aufs Auto durch die VR-Brille
Erste Berührungen mit dem Auto etwa lassen sich künftig vermehrt in Form virtueller Realität mit Hilfe von VR-Brillen realisieren. Der Weg des Kunden vom ersten Kontakt mit dem Auto bis zu einem möglichen Kauf wird eine Kombination aus digitalen und analogen Elementen sein, so der Fachmann.
Der Einfluss der Marke
Das Ende von Autohäusern ist zwar längst noch nicht in Sicht. Das Kauferlebnis wird aber künftig komplexer und digitaler. Viele Bereiche lassen sich digital abbilden, wie beispielsweise die Finanzierung. Eine Probefahrt gehört nicht dazu. Die bleibt nur physisch möglich, auch wenn es Versuche gibt, sie zu digitalisieren. Einen großen Einfluss aber haben Marke und Modell: Während Interessenten von Luxus- und Sportwagenherstellern den Besuch im Autohaus als haptisches Kauferlebnis erleben wollen, sind Kunden von Volumenfahrzeugen häufig rationaler und digitaler beim Kaufprozess, da es ihnen eher um Preis und Verlässlichkeit geht.
Das Autohaus kommt zum Kunden
Auch bei den Verkaufsflächen gehen Hersteller teils neue Wege: „Früher gingen Kunden zu den Autohäusern. Heute kommen die Autohäuser zu den Kunden, also in Einkaufsstraßen und auf belebte Plätze“, so Stefan Bratzel.
Ein Beispiel ist die chinesische Marke Nio: Vergangenen Dezember eröffnete das Nio House in Berlin, im März eines in Frankfurt, in wenigen Monaten folgt der Standort in Düsseldorf und Ende 2023 in Hamburg. Weltweit betreibt Nio mehr als 100 dieser Häuser. „Es ist eine multifunktionale Begegnungsstätte“, sagt Hui Zhang, Vice President Nio Europe. Es bietet eine Galerie, Café, Kinderspielraum, Bibliothek, man kann dort Yoga- und Pilateskurse machen oder in Co-Working-Areas arbeiten, beschreibt Zhang. Es gehe um eine Community, nicht nur ums Produkt. Ähnlich drückt sich auch Strategieberater Christopher Ley aus: Für Kunden sollte es sich nicht so anfühlen, dass sie ins Autohaus gehen müssen. „Sie sollten gern dort hingehen. Das Erlebnis und die Marke sollen Kunden anziehen, nicht nur das Produkt.“ dpa-mag