
Das dörfliche Leben hat sich verändert: Kein Arzt mehr vor Ort, kein Bäcker und auch in den Kirchen ist längst nicht mehr so viel Leben wie in der Vergangenheit. Die Angst, dass sich gerade die Kirche weiter zurückzieht, ist groß. Und tatsächlich gab es eine Veränderung mit dem Jahresstart 2023: Die vier bisher eigenständigen evangelischen Kirchengemeinden im Pfarrsprengel Angermünde, die bisher auch schon aus mehreren Orten bestanden, sind zu einer zusammengefasst worden. Nachteile muss das aber nicht unbedingt bringen.
Schneller zur Entscheidung
Es ist eine Umstrukturierung, die auch mit Befürchtungen verbunden war: Bisher gehörten die Gemeinden St. Marien Angermünde, St. Annen Crussow, Greiffenberg und Schönermark zum Pfarrsprengel Angermünde. Sie agierten als eigenständig tätige Körperschaften des öffentlichen Rechts, konnten Verträge abschließen, Geld durch einen zuvor abgestimmten Haushaltsplan investieren und mussten im Gegenzug auch selbstständig Mittel abrechnen und banden somit Verwaltungskraft. Doch damit ist es nun vorbei: Aus den vier Gemeinden ist eine Gesamtkirchengemeinde geworden. „Das war vor allem eine organisatorische Entscheidung", erklärt Pfarrer Uwe Eisentraut. Anschaulich erklärt er, dass zuvor vier Beschlüsse zu einem Thema gefasst werden mussten, um Rechtskraft zu erlangen. Das hat nicht selten viel Zeit und Aufwand gekostet, insbesondere dann, wenn Investitionen zum Beispiel in Kirche anstanden. Hier nämlich haben die Kirchengemeinden ohnehin nach Priorität darüber entschieden, wo Gelder konzentriert verwendet werden sollen.
Ohne den Verbund könnten große Vorhaben wie etwa zuletzt die Sanierung des Greiffenberger Kirchturms finanziell gar nicht - und natürlich mit Fördermitteln - gestemmt werden. Pfarrer Eisentraut war und ist Befürworter des Zusammenschlusses, verschweigt aber nicht, dass die Begeisterung nicht überall groß war. ,,Natürlich gab es Ängste, ob sich nach dem Arzt und dem Bäcker nun auch die Kirche aus den Dörfern zurückzieht", sagt er, ,,aber genau das wollen wir nicht. Es geht darum, Kräfte zu bündeln und auch weiterhin alle Gemeindemitglieder mit einzubeziehen."
Weiter vor Ort
Aus diesem Grund habe man sich als Gesamtkirchengemeinde auch Angermünder Land, womit wir ausdrücken wollen, dass es nicht 20 Dörfer und die Stadt Angermünde sind, sondern insgesamt 21 Orte, die wir vertreten", erklärt der Pfarrer. Vertreten wird die Gesamtkirchengemeinde durch den Gemeindekirchenrat (GKR), der sich aus den Delegierten der bisherigen Gemeinden zusammensetzt und wiederum Unterstützung von den Ortskirchenräten (OKR) erhält. Während der GKR die Außenvertretung der Gemeinde übernimmt, vor allem Verwaltungsaufgaben übernimmt, kümmern sich die OKR um alle Belange, die vor Ort schnell und unbürokratisch entschieden werden können. Auch dadurch soll verdeutlicht werden, dass sich die Kirche keineswegs aus Stadt und Land zurückzieht.
Viele große Aufgaben
Wer sich vor Augen hält, welche Aufgaben auch vor dem Hintergrund rückläufiger Gemeindemitgliedszahlen zu erfüllen sind, der wird staunen: Die Kirchengemeinde Angermünder Land betreut 21 Orte mit 19 zum Teil renovierungsbedürftigen Kirchen und 18 Friedhöfen. Die Sanierung der Kirchen kosten richtig viel Geld: Das Greiffenberger Kirchenschiff wird zum Beispiel nach Abschluss der Sanierungsarbeiten rund 700.000 Euro gekostet haben. Großen Baubedarf wird auch in der Schönermarker und in der Gellmersdorfer Kirche gesehen. Und die Crussower Kirche, die soll zur Archivkirche werden. Nicht weniger identitätsstiftend in den Orten sind die Friedhöfe, die bei ganz wenigen Beerdigungen bewirtschaftet werden wollen.
Ob Kirche oder Friedhof: Deutet sich an, diese aufgeben zu müssen - was aktuell ausgeschlossen ist, ist der Aufschrei auch bei konfessionell nicht gebundenen Menschen groß. Umso mehr freut sich Pfarrer Eisentraut über engagierte Dorfbewohner wie zum Beispiel in Steinhöfel und Wilmersdorf, die sich einsetzen für Kirche und Friedhof, die den Gotteshäusern durch Veranstaltungen wieder mehr Leben einhauchen und helfen, dass Dorfbewohner nach einem langen Leben auch vor Ort ihre letzte Ruhestätte finden können.

Junger Pfarrer bleibt
Der Jahresstart 2023 wartet mit einer weiteren guten Nachricht für die Kirchenmitglieder in Angermünde auf: Pfarrer Jonathan Schmidt hat seine zweijährige Entsendungszeit beendet - und bleibt in der Region. Alle haben sich für den jungen Mann ausgesprochen, der selbst ebenfalls bekundet hat, weiter in der Kirchengemeinde aktiv sein zu wollen. ,,Meine Frau und ich freuen uns, dass wir seitens der Kirchengemeinde ein eindeutiges Votum zum Verbleib erhalten haben und bleiben gern. In den letzten zwei Jahren habe ich die schöne Uckermark etwas kennengelernt und die schöne Landschaft, die vielen wunderbaren, mittelalterlichen (Dorf-)Kirchen und vor allem auch die Menschen, denen ich begegnet bin, ins Herz geschlossen", sagt Jonathan Schmidt.
Außerdem hofft man in Angermünde, mit Maria Schella, die kurz vor dem Abschluss ihres Musikstudiums steht und sich schon jetzt vielfach als Organistin und Chorleiterin in der Marienkirche Angermünde engagiert, in diesem Jahr eine neue Kantorin auf Dauer für die Kirche und die Stadt gewinnen zu können.