Das ist ein heute kaum nachvollziehbares Kapitel deutsch-deutscher Wirtschaftsgeschichte: Zum 31. Dezember 1991 war bei Simson die Moped-Herstellung zum Erliegen gekommen - wegen Absatzmangels, wie es heißt. Die heute wieder äußerst gefragten Suhler Zweiradprodukte, wie sie am nächsten Samstag, 14. Juni, auf dem Bergfest in Rhinow aufgereiht werden, sind also schon seit mindestens 34 Jahren auf Tour.
Viele in der DDR geborene Großeltern und Eltern sind sich mit etlichen jungen Leuten in einer Hinsicht einig: Sie schwören auf Simson-Kleinkrafträder, wie sie auch auf den Straßen des westlichen Havellands wieder sehr zahlreich unterwegs sind. In einer Woche könnte die Stadt Rhinow zum überregionalen Zielort für ein generationenübergreifendes Treffen werden. Es ist das vierte Treffen dieser Art, wobei auch andere Fahrzeuge mit luftgekühlten 2-Takt-Motoren willkommen sind. Gastgeber am 14. Juni ist der örtliche Heimatverein.

Laut Angaben des Verkehrsmuseums Dresden sind aktuell mehrere 100.000 Simson-Mopeds auf deutschen Straßen unterwegs. Beliebt sind sie insbesondere bei jungen Leuten, die noch keinen Motorrad- oder Autoführerschein haben. Mitunter sind sogar noch die ältesten Zweiräder zu sehen. Erstes DDR-Simson-Modell war das SR1, gebaut von 1955 bis 1957.
Wegen einer Ausnahmeregelung im deutsch-deutschen Einheitsvertrag dürfen Simson-Kleinkrafträder trotz Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h als Kleinkraftrad mit einem Versicherungskennzeichen zulassungsfrei gefahren werden. Auf anderen Kleinkrafträdern ist man mit maximal 50 km/h unterwegs. Die Mopeds, für die sich junge Fahrer von heute vornehmlich interessieren, wurden ab 1980 gebaut. Wo die bis 1991 produzierten S51 zu Dutzenden und gar Hunderten bei Simson-Treffen zu sehen sind, mag sich so mancher aus der Elterngeneration wegen der Originalzustände die Augen reiben.
Nach Mitte der 1980er-DDR-Jahre hatten nicht wenige der Fahrer ab 15 Jahren gewisse Vorlieben entwickelt. Speziell S51-Standard-Modelle wurden gern zu Unikaten umgebaut. Bevorzugt war Cross-Stil mit breiteren Lenkern, kürzeren Spiegeln und vielen anderen optischen Veränderungen. Ältere S51-Freunde dürften sich erinnern.
Obgleich die ursprüngliche Simson-Produktion Ende 1991 eingestellt wurde, wagte man schon bald danach einen Neustart hier unter Regie früherer Mitarbeiter. Es gab Modifikationen. Manche Modelle neuerer Bauart könnten ebenso in Rhinow gastieren. Letztlich endete das Simson-Kapitel im Jahr 2003. Seither werden aber noch Ersatzteile produziert.
Das 4. Simson- und 2-Takt-Treffen ist Teil des Rhinower Bergfestes, das bereits seine 36. Auflage erfährt. Los geht es um 14.00 Uhr. Gefeiert wird auf dem Festplatz in der Lilienthalstraße. „Wir hoffen wieder auf viele schöne Fahrzeuge, die unsere Veranstaltung bereichern. Es gibt ein tolles Schätzspiel, bei dem Ihr einen Gutschein von der Sattlerei Roman Gawenda gewinnen könnt. Außerdem könnt Ihr Euer Fahrzeug bewerten lassen und tolle Preise gewinnen. Für Technikbegeisterte ist auch wieder ein Leistungsprüfstand vor Ort“, so Marco Albertz vom gastgebenden Heimatverein. Wie er weiter ankündigt, startet um 16.00 Uhr die große Ausfahrt.


Das 36. Bergfest verspreche „wieder ein tolles Fest für Jung und Alt zu werden“, so Albertz weiter. Für das leibliche Wohl sei natürlich bestens gesorgt - es gebe viele Verpflegungsstände mit leckeren Speisen und Getränken. Für Kinder und Erwachsene gebe es gesonderte Tombolas mit attraktiven Preisen. Das Nachmittagsprogramm sei abwechslungsreich: „Zwei Kindertruppen treten auf, um für Spaß und Unterhaltung zu sorgen, und die Feuerwehr zeigt eine spannende Vorführung. Auf der Bühne erwartet euch ein buntes Programm mit Live-Musik von Jens Berse. Ab 20.00 Uhr lädt DJ Moppi zum Tanz ein - hier kann man den Tag ausgelassen ausklingen lassen.“
Von René Wernitz