Über 1,1 Millionen Infektionen gab es laut dem Robert Koch-Institut seit 2020 mit dem Corona-Virus in Brandenburg. Der erste offizielle Fall jährte sich dieses Jahr nun zum fünften Mal. Ein Mann aus Hohen Neuendorf hatte sich infiziert. Der positive Test war am 2. März 2020. Der damals 51-Jährige hatte nach einer Reise nach Südtirol Symptome einer Virusinfektion gezeigt und sich in der Asklepios-Klinik in Birkenwerder vorgestellt. Er wurde dann zur Rettungsstelle nach Hennigsdorf gebracht und positiv getestet.„Patient 1 in Brandenburg“ kam ebenso wie seine Kontaktpersonen in häusliche Quarantäne.
Mehr als 7000 Menschen sind in Brandenburg in den vergangenen fünf Jahren an oder mit Covid gestorben. Allerdings gab es oft schwerste Vorerkrankungen. Das Ehepaar Odett und Svent Nitze aus Hohen Neuendorf gehörte mit zu den ersten Betroffenen im Bundesland, die sich mit dem Virus angesteckt hatten. Fünf Jahre danach erinnern sie sich an eine Zeit, die für alle anstrengend war.
Ohne Angst in den Urlaub
Die Schreckensmeldungen aus China über das neuartige Sars-CoV-2 zu Jahresanfang schreckte das Ehepaar aus Hohen Neuendorf nicht da-von ab, die schon lange geplante Ski-Reise nach Serfaus-Fiss-Ladis in Tirol (Österreich) anzutreten. Erste Meldungen aus dem Nachbarland sorgten zwar für Sorgenfalten bei der Gruppe, aber nicht für Angst. Schließlich befand sich unter den befreundeten Skifans aus Oberhavel eine erfahrene Ärztin. Sie riet damals zur Besonnenheit.„Das hat uns beruhigt“, erinnert sich die 61-jährige Odett Nitze im Rückblick.
Verunsichert wurde die Gruppe erst, als die Pensionswirtin berichtete, dass das Tal, ja sogar ganz Österreich wegen des Superspreader Events in Ischgl geräumt werden musste. Der Lockdown stand unmittelbar bevor.„Social Distancing“ wurde angeordnet, Veranstaltungen abgesagt. Kurz vor Inkrafttreten der Quarantäne in Tirol trat die Gruppe überstürzt die Heimreise an. Das war allerdings nicht unbedingt die Flucht vor Covid, sondern eher die Angst vor den endlosen Staus in den Alpentälern, weil alle Ausländer Österreich verlassen mussten.
Ausgerechnet am Freitag, 13. März 2020, kam das Ehepaar Nitze in Hohen Neuendorf an. Symptome hatte keiner von beiden. Trotzdem riet die Ärztin zu einem Test, der auch gemacht wurde. Das Ergebnis: Negativ! Doch dann wird ihr Allgemeinzustand immer schlechter. „Ich war richtig down, konnte kaum noch aufstehen“, erinnert sich Odett Nitze. Selbst fürs Gassi-Gehen mit dem Hund war keine Kraft mehr da. Inzwischen war auch der Covid-Test positiv, bei ihrem Mann aber immer noch nicht. Sein dritter Test fand in Hennigsdorf statt.„Das war wie auf einer Raumstation.“ Alle trugen Schutzanzüge und Masken. Das Ergebnis war wieder negativ.
Doch die Corona-Zahlen in Deutschland, und somit auch in Oberhavel, stiegen weiter. Der erste Corona-Lockdown wurde am 16. März beschlossen und trat am 22. März in Kraft. Er war mit zahlreichen Einschränkungen im öffentlichen Leben verbunden.„Hohen Neuendorf war tot, es waren keine Menschen mehr auf den Straaßen“, erinnert sich Odett Nitze an den – Deutschland.
Doch das galt für die Unternehmer nicht. Das Geschäft musste weiterlaufen. „Auf den Baustellen herrschte weiter Betrieb“, weiß Svent Nitze heute noch. Der Spezialist für Sägearbeiten und Kernbohrungen („Die Steinbeißer“) war im späten Frühjahr 2020 mit Kollegen in Hamburg im Einsatz.
- Mitte März, also kurz nach – der Rückkehr aus dem Ski-Urlaub, war daran allerdings n noch nicht zu denken. „Erst, nach vier Wochen haben wir s es geschafft, wieder ins Büro zu gehen. Vorher haben wir d per Telefon nur das Notwendigste koordiniert“, so Odett Nitze, die von Hohen Neuentdorf aus auch noch das Unternehmen „Berliner Dreckd sack“ managt.
Freunde legen Einkauf vor die Tür
Freunde haben während der Quarantäne die Einkäufe erledigt, nachdem alle Vorräte im Hause Nitze aufgebraucht waren. „Die haben uns Lebensmittel gebracht und vor die Tür gestellt. Dort lag dann unter der Matte das Geld für die Einkäufe.“ Das war damals gängige Praxis. Allerdings war das Kochen kein Vergnügen.„Was sonst 30 Minuten gedauert hat, brauchte nun eine Ewigkeit“, erinnert sich Odett Nitze an das quälend langsame Schälen von ein paar Kartoffeln. Dazu hatte die Hohen Neuendorferin einige Tage lang keinen Geschmacks- und Geruchssinn.
Erst Monate später stellte sich bei Svent Nitze heraus, dass er sich trotz dreier negativer Tests mit dem Corona-Virus angesteckt haben musste.„Ich hatte eine gigantische Anzahl von Antikörpern.“ Das habe ihm Mitte 2020 seine Ärztin attestiert. Wo sich das Ehepaar Nitze angesteckt hatte, ist unklar und nicht mehr rekonstruierbar. Sie betrachten es als Glücksfall, dass ihre Unternehmen die Corona-Krise wirtschaftlich gut überstanden haben. „Für mich war es eine Warnung, was alles passieren – kann auf der Welt, aber Angst habe ich nicht“, resümiert eine selbstbewusste Odett Nitze. Gesundheitlich hat die frühzeitige Corona-Infektion weder für sie noch für ihren Mann bleibende Schäden verursacht. Wie „Patient 1“ aus Hohen Neuendorf seine Covid-Erkrankung überstanden hat, ist nicht bekannt. Jürgen Liebezeit