Sich trauen, zu trauern

Das Team des Bestattungshaus Deufrains: Christian Haas, Karin Herzberg, Sven Lüsch, Gabriele Haas, Rico Albrecht und Ann-Katrin Haas (v.l.) Fotos (3): Stefan Escher

14.08.2022

Eberswalde. Auf mehr als 30 Jahre Berufserfahrung schaut Gabriele Haas zurück. Die Eberswalderin führt das Bestattungshaus Deufrains, ein Familienunternehmen in dritter Generation, denn an ihrer Seite arbeitet seit acht Jahren Sohn Christian Haas. Der ist mit 32 Jahren der jüngste Bestatter in der Region. Mit einjähriger Verspätung möchten sie und ihr Team am 27. August das 30-jährige Firmenbestehen feiern. Dazu laden sie ab 14 Uhr rund um und in ihr neues Haus am Schützenplatz (Lessingstraße 4, in Eberswalde) ein. Mutter und Sohn schauen im Vorfeld auf ihre Arbeit zurück und sind sich einig: In den letzten Jahren hat sich in den Menschen selbst viel zum Thema Abschied bewegt. Sie trauen sich heute mehr, zu trauern, ihre Gefühle zu zeigen, meint Christian Haas.

Mutter und Sohn arbeiten auf Augenhöhe. Seit 2003 leitet Gabriele Haas das Bestattungshaus Deufrains als Geschäftsführerin. Eine Aufgabe, die sie wiederum von ihrer Mutter übernommen hat. Bei der 54-Jährigen laufen alle Fäden zusammen. Sie ist ausgebildete Trauerbegleiterin und Verbands geprüfte Bestatterin, engagiert sich bei der Initiative Sternenkinder Barnim, im Verband verwaiste Eltern und Geschwister, ist Vorstandsmitglied im ,,Verband Unabhängiger Bestatter e.V." Sie hat sich als Trauertherapeutin ausbilden lassen und ihren ganz eigenen Zugang zum Thema Trauer entfaltet.

Sie wünscht sich Transparenz, Offenheit und Empathie in der Begleitung. Seit 2003 lädt sie Passanten und Besucher des Bestattungshauses ein, Zitate über Leben und Tod zu lesen. Sie gestaltet immer wieder neu die Fenster der Beratungsräume in der Ratzeburgstraße 12 in Eberswalde, zwischen der Maria-Magdalenen-Kirche und dem Paul-Wunderlich-Haus. Ein Spruch, der für sie nach wie vor Bestand hat, ist das Zitat von Herman van Veen: ,,Leben ist wie Schnee, Du kannst ihn nicht bewahren. Trost ist, dass Du da warst, Stunden, Monate, Jahre." Das ehrenamtliche Engagement des Bestattungshauses Deufrains zum Thema Sternenkinder ist stadtbekannt und aus der Arbeit gewachsen. Als Sternenkind werden verstorbene Kinder bezeichnet, insbesondere, wenn sie vor, während oder bald nach der Geburt verstorben sind. Außerdem organisiert das Unternehmen regelmäßig Lesungen und spendet den Erlös an Einrichtungen wie das Hospiz der Stadt. Bestatten ist auch vertrauen, meint Gabriele Haas.

In dem Eberswalder Familienunternehmen läuft vieles noch in Handarbeit. Die Gräber werden selbst ausgehoben, die Toten für die Aufbahrungen zurechtgemacht. Aufbahrungen als Form, sich zu verabschieden, nehmen wieder zu. Auch das gehört zum Mut, zu trauern, meint die Bestatterin. „Wir Menschen haben wohl eher Angst vor dem Ungewissen als vor dem Tod", ergänzt Christian Haas. Am schwersten falle ihm, Menschen im Alter seiner Eltern zu bestatten. Gabriele Haas findet die Beisetzung von Kindern eine emotionale Herausforderung. Zu ihrer professionellen Selbstfürsorge gehört, sich bewusst den Tag abzuwaschen. Christian Haas geht ins Fitnessstudio.

Ein neues, zartes Logo begleitet ihre Arbeit: „Die Schwalbe ist von nun an unser Zeichen. Sie symbolisiert Vertrauen, Wärme, aber auch Ruhe, Kraft, Licht und Liebe. All diese Eigenschaften verschmelzen in unserer Arbeit, weshalb wir sie bewusst als unser neues Signet gewählt haben", schreiben beide auf der Internetseite. Neben der neuen Symbolik gibt es auch eine neue Immobilie. Im Jahr 2017 wurde das Haus am Schützenplatz" erworben und umgebaut. Die einstige Gaststube wird in ihrer veränderten Bestimmung seit diesem Jahr vielfältig genutzt: als Trauercafé und Treffpunkt für Hinterbliebene nach der Beerdigung. Als einen Ort, an dem sich trauernde Angehörige von ihren Verstorbenen verabschieden können. Dort gibt es einen Ausstellungsraum, in dem Urnen und Särge besichtigt werden können, separate Beratungsmöglichkeiten und im Keller befindet sich ein Klimaraum, in dem Verstorbene aufbewahrt werden können, bevor sie dann ihre letzte Ruhe finden. Die Ausstattung des Hauses ist freundlich und lichtvoll, die Möbel zierlich und in modernem Stil. Transparenz und Offenheit atmen auch die Räume.

Davon können sich Interessierte am 27. August überzeugen, wenn Gabriele Haas und ihr Team die Räume in der Lessingstraße 4 ab 14 Uhr öffnen. Musikalisch wird der Nachmittag von Vera Thaxton begleitet. Seit 2020 arbeitet sie mit dem Bestattungshaus Deufrains zusammen und begleite Trauerfeiern musikalisch. Der Abend wird durch Luci van Org zusammen mit dem Banjomeister Angostura gestaltet. saschu