15 Jahre Mode Zicke Seelow

Eigentlich sollte man meinen, es ginge verschlafen zu an einem regnerischen Montagmorgen im November in Seelow. Beim Besuch des Geschäfts von Simone Richter wird man eines Besseren belehrt. Hier geben sich die Besucher bereits die Klinke in die Hand. Der eine braucht bis morgen noch dringend einen neuen Reißverschluss für die Hose, die er am Mittwoch zur Familienfeier anziehen möchte. Ein anderer fragt nach, ob der ebenfalls hier beheimatete Hermes-Versand ein Paket schon gebracht habe. Schneiderin Sorka Rosendahl holt Arbeiten ab, die sie im Auftrag von Simone Richter ändern wird.

Der kleine Laden ist mehr als ein Modegeschäft. Es ist zu einer Seelower Institution geworden, einem Aushängeschild. Seit nunmehr 15 Jahren betreibt die taffe Geschäftsfrau ihre Boutique „Mode-Zicke“. Der Name ist von Anfang an als liebevolle Referenz an ihre Heimatstadt gemeint, die bekanntlich den Ziegenbock im Stadtwappen trägt.

Am 1. Dezember 2010 eröffnete Simone Richter gemeinsam mit ihrer inzwischen verstorbenen Schwester Jenny Flaig das Geschäft in der Berliner Straße 52a. Als die beiden Schwestern damals mit ihrem kleinen Modegeschäft den Schritt in die Selbstständigkeit wagten, hatten sie sich auf die Fahnen geschrieben, dass sie etwas Neues, Einmaliges kreieren möchten. Ein Damenmodegeschäft für Frauen und Mädchen von hier - aus Seelow und dem Oderland.

Die „Mode-Zicken“, wie sie heute von vielen kurz genannt werden, brachten beste Voraussetzungen mit.„Wir kommen von hier, kennen viele Menschen, ihren Geschmack, die modischen Vorlieben. Da weiß man, was gefallen könnte und geht schon so an den Einkauf heran“, erzählt Simone Richter.

Mindestens einmal im Monat macht sich die 62-Jährige auf den Weg nach Leipzig oder eine andere große Stadt, um neue Ware zu ordern, Anfang des Jahres auch zur großen Modemesse. Ihr Ehemann Olaf fährt sie dann meist.„Er ist von Anfang an meine große Stütze“, sagt Simone Richter dankbar. „Ohne seine Hilfe würde ich das alles kaum schaffen.“

Denn die Boutique ist längst nicht das einzige Feld, das die Seelowerin beackert. Seit vielen Jahren ist die sportliche Frau als Trainerin der Seelower Volks- und Showtanz-Gruppe aktiv. Sie hat den Verein, der heute 111 aktive Mitglieder im Alter von 6 bis 80 Jahren zählt, mit aufgebaut. Jeden Dienstagabend leitet sie eine Trainingsgruppe. Und an den Wochenenden finden oft Auftritte vor Publikum statt. Die beiden Weihnachtsgalas an diesem Samstag im Seelower Kulturhaus waren Wochen im Voraus bereits ausverkauft. 

Es war und ist nicht immer leicht für Simone Richter, alles unter einen Hut zu bringen - die Aufgabe als Tanztrainerin, ihre Rolle als Ehefrau, Mutter und Oma und den Job als Geschäftsinhaberin. Einen pünktlichen Feierabend gibt es da selten. Dennoch muss die Boutique-Inhaberin bei der Frage, ob sie ihren Schritt in die Selbstständigkeit jemals bereut habe, keine Sekunde überlegen.

„Nicht einen Tag“, sagt die temperamentvolle Seelowerin. Obwohl es nicht immer leicht war, geschäftliche Hochs und Tiefs oft wechseln, es herbe Einschnitte gab, wie die Lockdowns während der Corona-Pandemie. Wie manch anderer blickt Simone Richter auch kritisch auf diese Zeit zurück, hadert auch mit aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die das Leben einer Gewerbetreibenden nicht gerade einfacher machen.

So etwas hat es in den zurückliegenden Jahren immer gegeben. Mal mehr, mal weniger. Doch Simone Richter hat sich davon nie unterkriegen lassen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Es ist der Rückhalt, den sie durch ihre Familie erfährt, ebenso wie es die zuverlässige Hilfe und Unterstützung durch ihre langjährige Kollegin Petra Müller war. „Mit Petra hatte ich all die Jahre jemand an meiner Seite, der so tickt, wie ich, der mir Kraft gibt, wenn etwas mal nicht so läuft, wie gewollt“, sagt Simone Richter. Dafür ist sie ihr auch heute noch dankbar.

Und nicht zuletzt sind es ihre Kundinnen und Kunden, denen Simone Richter sehr dankbar ist. Viele haben ihr von Anfang an die Treue gehalten. Das hat ganz sicher mit der Mode-Kompetenz der Geschäftsinhaberin zu tun, die niemandem etwas aufschwatzt, sondern möchte, dass das gekaufte Stück auch beim Anziehen zu Hause noch gefällt. Und es ist die menschliche Wärme, die die Kundinnen im Geschäft„Mode-Zicke“ schätzen. Hier wird nicht nur eingekauft, hier kann auch geplaudert, über Persönliches gesprochen werden. Simone Richter hat ein offenes Ohr für jeden, und das ist wohltuend in dieser schnelllebigen Zeit.